Mittwoch, 30. April 2014

Emma denkt


»What about simple, Emma?«

Ein guter Freund gab mir kürzlich ein paar wertvolle Ratschläge zum Thema Schreiben. Einer davon lautete: »keep it simple«. So schlicht wie einfach wie fantastisch. Und je länger ich darüber nachdenke, desto klarer wird mir - eine kleine Prise »simple« täte im Grunde meinem gesamten Leben gut.

Ich bin deutlich über die Grenzen meiner aktuellen Adresse hinaus bekannt als »Mistress of kompliziert«. Gäbe es die Olympische Disziplin »aus einer Mücke einen Elefanten machen« - ich behaupte, die Goldmedaille wäre mir sicher. Ich be-, durch-, über- und zerdenke alles, was mir in die Quere kommt, verteile gewichtige »Aber's« wie andere luftige Begrüssungsküsschen und habe auf so ziemlich jede Antwort eine oder gar mehrere (Nach-)Fragen.

Eine meiner Paradedisziplinen ist das so genannte »aus Lösungsansätzen neue Probleme generieren«. Nehmen wir an, ich habe ein Problem, mit dem ich mich Rat suchend an meine Mitmenschen wende. Erhalte ich einen oder mehrere Vorschläge zur Lösung des Problems, nehme ich sie dankbar auf, denke darüber nach – und ich weiss zwar nicht genau wie, aber irgendwie gelingt es mir immer wieder, aus dem nun eigentlich gelösten Problem fünf neue zu zaubern. Als wäre ich Jesus, der Wasser zu Wein werden lässt, nur im umgekehrten (weil leider nicht ganz so positiven) Sinne. Und ich muss gestehen, ich habe auf diese Weise schon wirklich hilfsbereite und engelsgeduldige Menschen an den Rand der Verzweiflung gebracht.

Ich könnte jetzt im Geiste die Hände verwerfen und mit Leidensmiene beteuern, dass ich keine Ahnung habe, wie das alles kommt, da ich doch sooo viel lieber unkompliziert und ein bisschen mehr »lalala« wäre... aber das wäre nicht ganz aufrichtig. Wenn ich ehrlich bin, ist zwar durchaus eine Seite in mir, die alles gern ein wenig lockerer nehmen würde. Gleichzeitig gibt es da aber auch eine andere Seite - eine, der es schnell langweilig wird, die ununterbrochen herausgefordert werden möchte und stets auf der erwartungsvollen Suche nach ein klein wenig Drama ist.

Aaaaber... ist Drama denn wirklich das, was ich will? Und wo genau liegt die intellektuelle Herausforderung in Situationen, in denen ich mich am mittäglichen Salatbuffet zehn Mal umentscheide, ob ich lieber Radieschen oder Kresse möchte und was besser zum French-Dressing passt, ob italienisches nicht gesünder wäre und ob es jemandem auffallen würde, wenn ich die Hälfte des Emmentalers wieder zurücklegen würde, weil ich den eigentlich gar nicht mag... So lange, bis ich irgendwann - mit vier neuen weissen Haaren und völlig entnervt - versuche, den unliebsamen Salatteller meiner Begleitung unterzujubeln und eine Portion Pasta bestelle. Das alles natürlich bloss, um zehn Minuten später lustlos in meiner Pasta herumzustochern und sehnsüchtig den eben noch verschmähten Salatteller anzuhimmeln.

Seien wir ehrlich, auf sowas könnte man doch getrost verzichten. Und sich Zeit, Nerven und pigmentierte Haarwurzeln für andere, weitaus erquickendere Dinge aufheben. Klingt gut... bloss wie umsetzen? Nun, vielleicht verhält es sich hier ebenso wie mit vielen anderen Situationen, in denen Einsicht der erste Weg zur Besserung ist. Ich habe jedenfalls beschlossen, mir in Zukunft in Situationen, in denen ich mich im Kreis drehe, zickzack hüpfe oder aus der bereits genannten sprichwörtlichen Mücke einen stattlichen Elefanten mache, bloss die eine Frage zu stellen: »What about simple, Emma?«

In den Situationen, da ich dies bereits ausprobiert habe, bin ich stets ein wenig erschrocken. Erschrocken deswegen, weil mir mein kompliziertes Getue zuvor gar nicht recht bewusst gewesen war. Erschrocken darüber, was für einen (Mist-)Haufen an freud- bis sinnlosen Gedanken ich mir mache – wohlbemerkt ohne je zu einem halbwegs zufriedenstellenden Ergebnis zu gelangen. Und so sehr ich es auch versucht habe, es ist mir nicht mehr gelungen, mich ebenso in die jeweilige Situation hineinzusteigern, wie noch vor der Frage aller Fragen. Ha! Ich glaube, es könnte sich durchaus lohnen, den Versuch weiterzuführen.

Und egal, ob es in Wahrheit wirklich so simpel ist oder nicht – merci Reto, für den gedanklichen Schubs! Zum Dank widme ich dir dieses Textli. Weil ich finde, du bist ein ebenso guter Berater wie Schreiberling. Und darüber hinaus ein richtig feiner Mensch. Und bevor ich noch rührselig werde (mein zweites olympisches Talent neben dem »Verkomplizieren«), mache ich hier einen Punkt.

To keep it simple, halt.

Punkt.


(https://www.facebook.com/emmadenkt)

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